Kürzungen der Versicherung

bei fiktiver Abrechnung

Nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall entscheiden sich viele Geschädigte bewusst für die fiktive Abrechnung auf Gutachtenbasis. Diese Form der Schadenabrechnung ist gesetzlich vorgesehen und ermöglicht es, den entstandenen Schaden ohne tatsächliche Reparatur regulieren zu lassen. In der Praxis kommt es jedoch gerade bei der fiktiven Abrechnung regelmäßig zu Kürzungen durch die regulierende Versicherung. Betroffen sind häufig einzelne Reparaturpositionen, die aus Sicht der Versicherer angeblich nicht oder nicht in voller Höhe erstattungsfähig seien. Für Geschädigte entsteht dadurch Unsicherheit, da die Kürzungen oft pauschal erfolgen und nicht immer rechtlich eindeutig begründet sind.

Kürzungen bei fiktiver Abrechnung

Warum kürzen Versicherungen bei fiktiver Abrechnung so häufig?

Versicherungen verfolgen bei der fiktiven Abrechnung regelmäßig das Ziel, den auszuzahlenden Betrag zu reduzieren. Dabei wird häufig argumentiert, bestimmte Kosten seien nur bei tatsächlicher Reparatur erstattungsfähig oder im konkreten Fall nicht erforderlich. Da Geschädigte bei der fiktiven Abrechnung keine Rechnung vorlegen, nutzen Versicherer diesen Umstand, um einzelne Positionen in Frage zu stellen. Die Kürzungen erfolgen dabei oft schematisch und unabhängig vom konkreten Schadenfall.

Verbringungskosten zum Lackierer

Eine der häufigsten Kürzungen betrifft die Verbringungskosten. Versicherungen vertreten regelmäßig die Auffassung, dass diese Kosten nur dann erstattungsfähig seien, wenn sie tatsächlich angefallen sind. Dabei wird übersehen, dass Verbringungskosten bei einer fachgerechten Reparatur in vielen markengebundenen und freien Werkstätten üblich sind, weil diese in den meisten Fällen keine eigene Lackiererei betreiben und deshalb auch bei der fiktiven Abrechnung berücksichtigt werden dürfen. Ob eine Erstattung erfolgt, hängt jedoch stark von der regionalen Üblichkeit ab. Genau hier setzen Versicherungen an und kürzen diese Position pauschal, obwohl sie im Gutachten nachvollziehbar kalkuliert wurde.

Kosten für die Beilackierung

Ein weiterer häufiger Kürzungspunkt bei der fiktiven Abrechnung sind die Kosten für die Beilackierung angrenzender Fahrzeugteile. Versicherungen vertreten hier regelmäßig die Auffassung, dass Beilackierungen nur bei tatsächlicher Reparatur notwendig oder nur eingeschränkt erstattungsfähig seien. Dabei wird außer Acht gelassen, dass Beilackierungen aus technischer Sicht häufig erforderlich sind, um Farbtonunterschiede und sichtbare Übergänge zu vermeiden. Darauf folgt meist das nächste Argument der Versicherungen, dass die Beilackierung nicht notwenig sei, da bei der fiktiven Abrechnung garnicht lackiert wird.

Ersatzteilaufschläge oder UPE Aufschläge

Auch Ersatzteilaufschläge werden bei fiktiver Abrechnung regelmäßig gestrichen oder gekürzt. Versicherungen begründen dies häufig damit, dass UPE Aufschläge nur bei tatsächlichem Ersatzteilbezug anfallen würden. Tatsächlich sind diese Aufschläge jedoch Teil der marktüblichen Ersatzteilpreise vieler Werkstätten. Ob sie erstattungsfähig sind, hängt ebenfalls von den regionalen Gegebenheiten ab. Da die Rechtsprechung hierzu nicht einheitlich ist, nutzen Versicherungen diese Unsicherheit gezielt aus und nehmen Kürzungen vor, selbst wenn der Sachverständige die Aufschläge fachlich korrekt angesetzt hat.

Kürzung der Stundenverrechnungssätze

Ein weiterer zentraler Kürzungspunkt sind die im Gutachten angesetzten Stundenverrechnungssätze. Versicherungen verweisen häufig auf günstigere Referenzwerkstätten oder Partnerwerkstätten und reduzieren die kalkulierten Sätze entsprechend. Dabei bleibt oft unberücksichtigt, dass diese Werkstätten nicht immer gleichwertig sind, sich weit entfernt befinden oder nicht dem Herstellerstandart entsprechen. Gerade bei neueren Fahrzeugen oder scheckheftgepflegten Fahrzeugen ist eine Verweisung auf solche Werkstätten rechtlich problematisch. Dennoch gehören reduzierte Stundenverrechnungssätze zu den häufigsten Kürzungen bei der fiktiven Abrechnung.

Kürzungen der Sachverständigen­kosten

Neben den Reparaturpositionen geraten auch Sachverständigenkosten immer wieder in den Fokus der Versicherungen. Häufig wird behauptet, die Gutachterkosten seien unangemessen hoch. In diesem Zusammenhang verlangen Versicherungen nicht selten eine Abtretungserklärung, um angeblich überhöhte Kosten direkt beim Sachverständigen geltend zu machen. Für Geschädigte entsteht dadurch zusätzlicher Druck, obwohl die Kosten eines unabhängigen Gutachtens bei einem unverschuldeten Unfall grundsätzlich zum ersatzfähigen Schaden gehören.

Lohnt es sich gegen Kürzungen vorzugehen?

Ob ein Vorgehen gegen Kürzungen sinnvoll ist, lässt sich nicht pauschal beantworten. Gerade bei der fiktiven Abrechnung ist die Rechtsprechung uneinheitlich. Unterschiedliche Gerichte bewerten die Erstattungsfähigkeit von Verbringungskosten, Ersatzteilaufschlägen und Stundenverrechnungssätzen unterschiedlich. In vielen Fällen steht der finanzielle Aufwand eines Rechtsstreits in keinem sinnvollen Verhältnis zum gekürzten Betrag. Aus diesem Grund verzichten viele Geschädigte auf eine gerichtliche Durchsetzung, selbst dann, wenn die Kürzung rechtlich angreifbar wäre.

Prüfberichte skeptisch betrachten

Das Wichtigste bei Kürzungen ist es, nicht alles zu glauben was die regulierende Versicherung behauptet. Kürzungen bei der fiktiven Abrechnung gehören inzwischen zum festen Bestandteil der Schadenregulierung. Besonders Verbringungskosten, Ersatzteilaufschläge und reduzierte Stundenverrechnungssätze stehen regelmäßig im Fokus der Versicherungen. Auch Sachverständigenkosten werden immer wieder in Frage gestellt. Die uneinheitliche Rechtsprechung führt dazu, dass sich ein Vorgehen gegen Kürzungen nicht in jedem Fall lohnt. Ein unabhängiges Schadengutachten bleibt dennoch die wichtigste Grundlage, um Kürzungen fachlich bewerten und rechtlich einordnen zu können.

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KFZ Gutachter Marco Hornung weiß

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